Blick ins Werk: Zahnräder und Triebe

Pas de Deux

Die Funktion eines mechanischen Uhrwerks beruht auf einem delikaten Duett: Räder und Triebe müssen perfekt zusammenspielen, damit Kräfte reibungslos übertragen werden. Voraussetzung ist die hochpräzise Fertigung der Komponenten.
Konrad Damasko
Konrad Damasko lässt in seinem Unternehmen in Barbing auch Zahnräder für die eigenen Uhrwerke herstellen.

Wer mit Konrad Damasko in das Materiallager seiner Firma im oberpfälzischen Barbing geht, sieht dort die verschiedensten Metalle: Stähle, Titan, Neusilber, für Zahnräder auch Messing und Kupferberyllium – als Stangen oder Bleche. «Das hier», erklärt der Firmenchef und hebt eine Stange aus rötlich-golden glänzendem Kupferberyllium an, «das besitzt nach dem Härten eine hohe Festigkeit, man nimmt es für Zahnräder, die sich nahe am Federhaus befinden.» Ein Regal weiter lagert das eher hellgoldfarbene Messing, das weicher ist und zum Beispiel für die Herstellung von Sekunden- oder Minutenrad genutzt wird.

Diese Materialien finden sich hier, weil im Familienunternehmen von Konrad Damasko alle erdenklichen Teile für Uhrwerke gefertigt werden und sogar eigene Kaliber entstehen. Uhrwerke, in denen sich das Grundprinzip der Mechanik zeigt: Dieses beruht auf der Weitergabe und der richtigen Portionierung der Kraft, sodass sich am Ende die Zeiger in der korrekten Geschwindigkeit für eine präzise Zeitanzeige bewegen.

Von langsam zu schnell

Vom Rohling zum Zahnrad, von der Miniaturkomponente für Uhrwerke bis zum Zahnrad für technisches Gerät: Komponenten von Damasko.

Dass dies gelingt, ist in einem Uhrwerk dank der Zahnräder möglich: also Scheiben mit gezahntem Umfang, der Rad- oder Zahnkranz genannt wird. Sie sorgen für die Übertragung und Übersetzung der Kräfte, indem sie sich auf ihrer Achse drehen und mit ihren Zähnen ein anderes Zahnrad antreiben. Dies erfolgt in der Regel nicht direkt: Normalerweise stehen zwei Zahnräder nicht miteinander im Eingriff – vielmehr sind sogenannte Triebe «zwischengeschaltet».

Ein Trieb ist ein lang gestreckter Zahnkranz, der sich unmittelbar auf der Welle des Zahnrades befindet und von einem anderen Zahnrad bewegt wird. Das Trieb dreht «sein» Zahnrad mit, das wiederum in das Trieb des nächsten Rades greift.

Indem die Kraft also von Rad auf Trieb zum Rad und so fort übertragen wird, kann die Drehung des Federhauses mehrfach übersetzt und schließlich das Ankerrad angetrieben werden. Dabei erhöht sich die Drehzahl, während sich die Kraft verringert.

Wichtig ist, dass die Kraftübertragung im wahrsten Sinne des Wortes «reibungslos » gelingt. Das ist Sache der Verzahnung: Die Zähne von Zahnrädern sollen möglichst unmittelbar ineinandergreifen, gleichzeitig dürfen sie nicht verklemmen. Dazu bedarf es einer genauen Berechnung der Rad- und der Triebverzahnung. Maße wie Zahndicke, Zahnfußhöhe und Zahnkopfhöhe, Teilung, Kopf- und Fußkreisdurchmesser müssen kalkuliert und präzise ausgearbeitet werden. In DIN-Normen sind solche Maße für standardisierte Zahnräder festgehalten.

Freie Auswahl

Bei der Herstellung stehen verschiedene Materialien zur Wahl: Messing, Stahl und Kupferberyllium werden abhängig vom Einsatz im Uhrwerk ausgewählt. Dabei geht es um Gleiteigenschaften und Festigkeit. Da nahe am Federhaus große Kräfte wirken, bietet hier Kupferberyllium die größten Vorteile. «Diese relativ teure Legierung aus Kupfer und Beryllium ist nach dem Härten von besonders großer Festigkeit», weiß Damasko. Für Aufzugsräder hingegen eignet sich Stahl ganz besonders, der ebenfalls gut gehärtet werden kann. Die meisten anderen Räder werden aus Messing hergestellt, das durch gute Reibeigenschaften punktet.

Ob Messing, Kupferberyllium oder Stahl – die Herstellung bleibt die gleiche. Zum Auftakt wird entweder gestanzt oder gedreht. Es folgen das thermische Härten des Materials, eine mechanische Politur, die für ein besseres Ablaufen sorgt, eine Vergoldung und schließlich das Verzahnen durch Fräsen.

Präzise gearbeitete Zähne

Glashütte Original Zahnräder Herstellung
Automatische Verzahnung: Herstellung in einer computergesteuerten Maschine bei Glashütte Original.

Das Verzahnen erfolgt auf computergesteuerten Maschinen in der Regel durch das sogenannte Abwälzfräsen. Alternativ können Zahnräder auch komplett auf hochpräzisen, numerisch gesteuerten Dreh-Fräszentren gefertigt werden – dann wird auch die Verzahnung von diesen Maschinen vorgenommen.

Zum Abschluss können Zahnräder eine Politur oder einen dekorativen Zierschliff erhalten, zum Beispiel strahlenförmig oder gerundet. Für die perfekte Schönheit kann sogar der Zahnzwischenraum poliert werden, was nicht nur ästhetische Gründe hat, sondern auch die Abrollreibung deutlich minimiert.

Die Herstellung der Triebe ähnelt jener der Zahnräder, erfolgt allerdings in der Regel durch Drehen, die sogenannten «décolletage». Auch folgt das Härten des Werkstücks, das am Schluss rolliert wird. Dann sind Räder und Triebe bereit für ihre Vereinigung: Sie werden zusammengenietet, um paarweise den Einsatz anzutreten: Immerhin sind bei einem normalen Uhrwerk insgesamt rund 50 Räder und Triebe im Einsatz. 

Text: Iris Wimmer-Olbort

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