Uhrenherstellung in Ruhla

Deutsche Zeitgeschichte

Juli 2021 Ein Ort kehrt zurück auf die Landkarte deutscher Zeitmessung: Ruhla in Thüringen. Einst ein Zentrum der Uhrenherstellung, lebt die Fertigung in den Werkstätten nun neu auf – für die Marken Zeppelin, Iron Annie und Bauhaus.
Uhrenwerke Ruhla
Vom Bauhaus inspirierte Architektur: Sitz der Uhrenwerke Ruhla und des Uhrenmuseums in Ruhla in Thüringen.

Früher – da sei die Fahrt durch Ruhla sehr besonders gewesen. Die Uhrmacherin, die in der Werkstatt der Uhrenwerke Ruhla einen Chronographen aus der Serie Eurofighter von Zeppelin montiert, erinnert sich gut an die 1980er Jahre. Damals fuhr man von Tal her durch eine Häuserschlucht nach Ruhla ein: Rechts und links der Straße stand jeweils eine lange Reihe langgestreckter, hoher Gebäude, die alle zum VEB Uhren- und Maschinenfabrik «UMF» gehörten.

Es war die Zeit, als in Ruhla täglich abertausende Uhren gefertigt wurden – vom kleinen Wecker über klassische Armbanduhren bis hin zu bunten Kinderührchen. Doch das ist vorbei: Ab 1990 wurden nach und nach alle Gebäude abgerissen – nur ein einziges blieb. Der sechsgeschossige, mit Klinker verkleidete Verwaltungsbau aus dem Jahr 1929.

Klassische Bauhaus-Architektur

Mit seinen grafischen Linien und der strengen Geometrie von Fenstern und Mauervorsprüngen folgt das Gebäude den gestalterischen Regeln des Bauhaus. Bis zur Insolvenz im Jahr 2019 pflegte hier die Firma Gardé die Tradition der Uhrenfertigung in Ruhla, dann übernahm das Familienunternehme Pointtec aus Ismaning bei München die Werkstätten und Mitarbeiter mitsamt dem Produktionsgebäude.

Uhrenwerke Ruhla
Uhrmacherwerkstatt in Ruhla: HIer werden Uhren der Marken Zeppelin, Iron Annie und Bauhaus montiert.

Bereits vorher waren dort Uhren für Pointtec gefertigt worden – heute findet die Uhrenmontage unter der Regie des Familienunternehmens und Chef Willi Birk statt. Im weitläufigen vierten Stock werden die Uhren für die Marken Zeppelin, Iron Annie und Bauhaus – allesamt aus dem Hause Pointtec – montiert. Auch das große Lager und die Qualitätskontrolle finden sich dort.

Doch das historische Ruhla-Gebäude birgt weit mehr: Im Erdgeschoß ist das Uhrenmuseum Ruhla untergebracht, in dem Produkte aus den vergangenen hundert Jahren sowie historische Maschinen gezeigt werden. Auch die wechselvolle Geschichte der Uhrenherstellung in Ruhla wird erzählt – als Teil der deutschen Uhrengeschichte.

Uhren aus Ruhla

1861/1862 Gründung der Metallwarenfabrik Ruhla/Thüringen durch Christian und Georg Thiel.

1891 Einführung der günstigen Ruhlaer Taschenuhr.

1897 Herstellung von 4000 Uhren pro Tag.

1945 Am Ende des Zweiten Weltkriegs fertigen rund 10.000 Menschen vor allem Zünder-Uhrwerke für Flakgranaten.

1952 Verstaatlichung zum VEB Uhren- und Maschinenfabrik „UMF“ mit zeitweise rund 7700 Mitarbeitern.

1961 Vorstellung der Ruhla electric, der ersten elektrischen Armbanduhr der DDR.

1963 Start der Kaliberfamilie 24. Bis 1991 werden rund 130 Millionen Stück dieses Handaufzugswerks gefertigt.

Ab 1989 Privatisierung zur Gardé Uhren und Feinmechanik Ruhla GmbH und Abspaltung der Maschinenherstellung.

2019 Insolvenz der Firma Gardé. Übernahme des Gebäudes, des Uhrenmuseums und der Uhrenmontage durch das Familienunternehmen PointTec der Familie Birk.

Erfahren Sie mehr über das Uhrenmuseum Ruhla

Die Sonderausstellung «Uhren messen die Zeit»
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