Die jüngere Geschichte von Junghans hat viel mit Lokalpatriotismus und solidem Unternehmertum zu tun. Man schrieb das Jahr 2008, als die Egana-Goldpfeil-Gruppe in Europa Insolvenz anmeldete und die von ihr acht Jahre zuvor erworbene Firma Junghans mit in den Abgrund zu reißen drohte. In Schramberg ging die Horrorvision um, dass ein Private-Equity-Unternehmen den insolventen Uhrenhersteller kauft, den guten Namen für teures Geld ins Ausland verscherbelt und die Schramberger Uhrenproduktion auflöst.
Das wollte die Schramberger Unternehmerfamilie Steim nicht zulassen. Der frühere Landtagsabgeordnete Dr.-Ing. Hans-Jochem Steim war zu dieser Zeit geschäftsführender Gesellschafter der Kern-Liebers-Gruppe, einem Familienunternehmen, das weltweit rund 5800 Menschen beschäftigte und geschätzte 500 Millionen Euro Umsatz machte, und sein Sohn Hannes war Geschäftsführer des zur selben Gruppe gehörenden Federnherstellers Carl Haas. Vor allem war und ist Steim senior aber Ehrenbürger von Schramberg und sah sich als solcher verpflichtet, «dafür zu sorgen, dass die Uhrenindustrie nicht ganz aus meiner Heimatstadt Schramberg verschwindet». Das hat er mit der Übernahme des Unternehmens zum 1. Februar 2009 auch erreicht.
Seither hat sich das Unternehmen prächtig entwickelt – nicht zuletzt deshalb, weil Vater und Sohn Junghans und die Uhrenbranche nicht nur als Business begreifen, sondern sich auch in das Thema einarbeiteten und wohl auch ein bisschen verliebten. Zunächst begleiteten sie das Geschäft eher im Hintergrund, doch im Mai 2022 erweiterte Junghans die Geschäftsführung um Hannes Steim. Mit seinem Eintritt in die Geschäftsleitung unterstrich die Eigentümerfamilie damals den großen Rückhalt für das Unternehmen.
Seit September 2023 leitet Hannes Steim die Uhrenfabrik Junghans als alleiniger Geschäftsführer. Für ihn steht die mechanische Uhr klar im Vordergrund, doch pflegt er auch nach wie vor die Funkuhr-Technik, bei der Junghans seit 1990 Trendsetter ist. Nach seinen Vorstellungen soll Junghans auch künftig ein Vollsortimenter im besten Sinne bleiben und hohe Qualität zu angemessenen Preisen bieten.
Der Senior widmet sich der Traditionspflege. So wurde unter seiner Führung der historische Terrassenbau neu belebt. Im Jahr 2018, als Junghans das 100-Jahr-Jubiläum feierte, eröffnete hier ein Uhrenmuseum. In diesem Denkmal der Industriearchitektur, das lange Zeit das lichtdurchflutete Herzstück der Junghans-Uhrenproduktion gewesen war, wird die Tradition des Uhrenbaus im Schwarzwald in einem Museum erlebbar.
