Designerstücke der Uhrenwelt

Weg vom Retro-Style

Dezember 2021. Gutes neues Design ist überall gefragt. Erstaunlicherweise auch in der sonst so konservativen Welt der Uhren, wo es sich viele Hersteller in der guten alten Zeit bequem gemacht haben. In dieser Auswahl stellen wir Ihnen einige modernen Zeitmesser vor, die zu alledem auch noch erschwinglich sind.

Gehäuse ohne Hörner

Bólido

Dank einem eigenen Online-Konfigurator kann zwischen verschiedenen Einzelkomponenten ausgewählt werden.

Bólido ist nicht nur der Markenname, sondern auch die Inspirationsquelle für die Gehäuseform der Uhren. Übersetzt bedeutet das spanische Wort nämlich so viel wie Meteor. Die Form ist das Alleinstellungsmerkmal der Schweizer Uhrenmarke von Simon Husslein und Pierre Nobs, die mit ihrem außergewöhnlichen Design etwas ganz Neues schaffen wollten. Das Gehäuse trägt die Krone auf der 12-Uhr-Position und ermöglicht trotz des Durchmessers von 43 mm einen hohen Tragekomfort, auch an schmalen Handgelenken. Auch das liegt in der Form begründet, die ohne konventionelle Bandanstöße auskommt und sich dadurch besser an den Arm schmiegt.

Das Alleinstellungsmerkmal der Uhren von Bólido ist eindeutig das ungewöhnlich geformte Gehäuse mit der Krone bei der «12».

Alle Bólido-Uhren werden von Schweizer Automatikwerken von STP angetrieben. Im Fall der gezeigten Dreizeigervariante handelt es sich um das Kaliber STP 1-11, das im Aufbau dem ETA 2824-2 entspricht. Im Konfigurator auf der Webseite www.bolido.rocks können Kunden durch Auswahl von Komponenten ihr eigenes Design bestimmen – die Preise beginnen bei 785 Euro.

Colour follows Form

Rado True Square

Rado True Square x Tej Chauhan aus mattgelber Hightech-Keramik mit kissenförmig gepolstertem Lederband.

Rado gilt in Uhrenkreisen als Pionier der modernen Materialkunde und erwarb sich mit kratzfesten Uhrengehäusen aus Wolframkarbid oder High-Tech-Keramik eine treue Fangemeinde. Denn es war niemals das Material allein, das die Kunden schätzten, sondern die außergewöhnliche Gestaltung der Uhren, die durch die neuen Materialien erst ermöglicht wurde. Hinter dem Erfolg der aktuellen Keramikuhren-Kollektion steht die Firma Comadur, ein Schwesterunternehmen von Rado in der Swatch Group. Hier wird seit Jahren intensiv an der Farbe bzw. an der Färbbarkeit der Keramik geforscht, und inzwischen sind der Phantasie der Gestalter kaum mehr Grenzen gesetzt.

Die Rückseite der Rado True Square gewährt durch ein kleines Sichtfenster Einblicke in das verbaute Powermatic-Werk von ETA.

Um die ganze Bandbreite der Möglichkeiten im modernen Uhrendesign aufzuzeigen arbeitet Rado gerne mit Künstlern und Gestaltern zusammen, wie unlängst mit dem britischen Industriedesigner Tej Chauhan, dem wir diese prachtvolle True Square aus mattgelber Keramik verdanken. Das Band besteht aus kissenförmigen Lederelementen, die von Verbindungsstücken aus Keramik zusammengehalten werden. Auf dem mattschwarzen Zifferblatt mit konzentrischen Kreisen drehen sich Zeiger wie die Leuchtbalken eines Radarschirms. Sie werden angetrieben von einem robusten ETA-Powermatic-Kaliber mit 80 Stunden Gangreserve. In einer Öffnung bei der „3“ wird das Datum in einer eigens von Tej Chauhan entworfenen Typografie angezeigt. Blaue Indexe zwischen 9 und 12 Uhr verweisen auf jene Zeit des Tages, an der die Dinge in Bewegung geraten – morgens im Büro oder abends beim Ausgehen. Die mit dem Red Dot Award ausgezeichnete Rado True Square x Tej Chauhan kostet 1810 Euro.

Design mit zwei Seiten

Clockwheels Uhrrad 03

Digitale Stunden, Minutenzeiger und eine Kleine Sekunde auf dem Guillochierten Zifferblatt der Uhrrad 03.

Die Zifferblätter der Stuttgarter Uhrenmarke Clockwheels beschränken sich – trotz verschiedener Ausführungen – immer auf die Anzeige von Stunden, Minuten und Sekunden und verzichten gar auf ein Logo. Dabei setzt Geschäftsführer Rainer Schweikert jedoch auf feinste Handwerkskunst, die bei genauerem Hinsehen deutlich wird: Auf der Vorderseite ist es das massive Zifferblatt aus Silber, das etwa durch traditionelles Guillochieren in der Werkstatt von Jochen Benzinger in Pforzheim mit einem Hufnagelmuster versehen wird. Auf der Rückseite sind es kunstvoll skelettierte Handaufzugswerke vom Typ Unitas/ETA-6498. Sie kontrastieren die schlichte Vorderseite und verdeutlichen Kennern noch eindringlicher, wie viel Handarbeit in den Uhren der Uhrrad-Kollektion steckt.

Während die Vorderseite der Uhrrad 03 schlicht und funktional gehalten wurde, offenbart sich hinten ein skelettiertes Handaufzugswerk.

Das neueste Modell Uhrrad 03 mit Springender Stunde im Digital-Look und Kleiner Sekunde wurde unlängst um eine Variante mit weiß rhodiniertem Silberzifferblatt erweitert. Mit entsprechender Modifikation am oben genannten Uhrwerk kostet es 12.800 Euro.

Konsequent modern

Botta Clavius

Der Sekundenzeiger der Botta Clavius scheint wie ein digitaler Ladebalken zu blinken, wird aber mechanisch angetrieben.

Während sich so manche Uhrenmarke an den erfolgreichen Designs der ruhmreichen Vergangenheit orientiert, geht das Team um Klaus Botta eigene Wege. Es orientiert sich in der Gestaltung der Uhren zwar grundlegend an der Bauhaus-Philosophie, kopiert diese aber nicht, sondern entwickelt sie nach eigenen Ansätzen stetig weiter. Die Ergebnisse sehen wir beim aktuellen Modell Clavius, mit dem Botta die Dreizeigeruhr revolutioniert.

Über dem eigentlichen Zifferblatt des Designerstücks liegt eine weitere Scheibe, die das Zifferblattzentrum komplett überdeckt. Dadurch sind nur die leuchtend grünen Spitzen des Minuten- und Stundenzeigers zu sehen, die am Rand des Zifferblatts ihre Runden drehen. Durch Aussparungen im schwarzen Zifferblatt blitzt im Sekundentakt ein weißer Sekundenzeiger auf, der damit den Anschein eines digitalen Ladebalkens erweckt. Auf der Unterseite der Clavius ist dennoch alles in mechanischer «Ordnung»: Durch den Sichtboden präsentiert sich ein ETA-2824-2-Automatikwerk. Die Clavius ist ab 1280 Euro zu haben, für die abgebildete Black Edition mit schwarzer Gehäusebeschichtung werden 1360 Euro fällig.

Vertraut, aber ganz neu

Nomos Metro neomatik 41 Update

Das Ringdatum von Nomos Glashütte kam erstmals vor drei Jahren bei der Tangente neomatik Update zum Einsatz.

Nomos Glashütte ist für Uhren mit geradlinigen und ausgefeilten Designs bekannt. Im Fall der Reihe Metro stammt der Entwurf von Industriedesign-Professor Mark Braun, der sich auch bei der neuesten Ausführung, der Metro neomatik 41 Update, einbringen konnte. Technische Besonderheit ist das verbaute Nomos Manufakturkaliber DUW6101, das mit dem hauseigenen Ringdatum der Marke ausgestattet ist. Die orangefarbenen Akzente bei der neuen Datumsanzeige geben dem grau versilberten Zifferblatt eine sportliche und moderne Anmutung, sagt Braun. Dabei ist es dem Designer bei seinen Entwürfen besonders wichtig, «Dinge [zu] entwerfen, die den Menschen vertraut vorkommen, obwohl sie neu sind».

In der Tat bleibt sich die Modellreihe auch mit der neuen Komplikation, dank Erkennungsmerkmalen wie der doppelten Index-Reihe, der Kleinen Sekunde und den bügelförmigen Bandanstößen, treu. Das automatische DUW6101 punktet mit einer flachen Bauhöhe, wodurch auch das Gehäuse recht flach ausfällt und mit 9,1 mm bequem unter die meisten Manschetten rutscht. Am grauen Textilband ist die Manufakturuhr ab 3500 Euro erhältlich.

Tribut an Gustav Klimt

Alexander Shorokhoff «Crazy Eyes»

Crazy_Eyes
Die verschiedenen Ebenen, Farben und Strukturen der «Crazy Eyes» ergeben ein künstlerisches Gesamtbild.

Bereits seit 30 Jahren kreiert Alexander Shorokhoff Uhren mit ausgefallenen und kreativen Designs. Zum diesjährigen Jubiläum ehrt die Alzenauer Marke das Lebenswerk des österreichischen Künstlers Gustav Klimt (1862‒1918) und nimmt dafür Anleihen an seinen bekanntesten Gemälden. Die zahlreichen Elemente des bunt-verspielten Zifferblatts der «Crazy Eyes» finden in den beiden Chronographen-Hilfszifferblättern ihren Höhepunkt. Anstelle einfacher Zeiger übernehmen Scheiben mit aufgemalten Augen die Anzeige der Kleinen Sekunde und der Stoppminuten. Das entstehende «Gesicht» der Uhr wirkt durch die rotierenden Augen – mit Verlaub gesagt – tatsächlich etwas verrückt und wird seinem Namen gerecht.

Auf der Rückseite des 39-mm-Gehäuses, das entweder in blankem oder vergoldetem Stahl erhältlich ist, zeigt sich ein handgraviertes und veredeltes Poljot Kaliber 3133 aus der Ersten Moskauer Uhrenfabrik, das von 1976 bis 2004 nach dem Valjoux-Baumuster produziert wurde. Am farbenfrohen Armband aus Rochenleder kommen die auf jeweils 30 Stück limitierten Varianten auf Preise von knapp unter 2000 Euro.

Design der Stärke

Casio G-Shock

Die MTG-B2000XMG gehört zu den Topmodellen der G-Shock-Kollektion. Ein Einstieg ist bereits ab ca. 70 Euro möglich.

Die G-Shock-Reihe von Casio wird als Ikone der robusten Uhr gefeiert und wurde in verschiedenen Modellen weltweit mehr als 100 Millionen Mal verkauft. Ihren Anfang nahm die Linie bei Ingenieur und Designer Kikuo Ibe. Die G-Shock-Reihe war für ihn eine Art Trauma-Bewältigung: Sein Vater hatte ihm eine Uhr geschenkt, die herunterfiel und in ihre Einzelteile zersprang. Dieses Erlebnis brachte ihn auf die Idee, eine ganz besonders robuste Armbanduhr zu entwickeln, die niemals kaputtgehen würde – nicht einmal wenn sie hinfiele. Dieses Ziel erreichte Kikuo Ibe durch ein System aus mehreren Gehäuseschichten und einer «schwebenden» Aufhängung des Quarz-Uhrwerks. Nach einem schleppenden Verkaufsstart im Jahr 1983 «verliebte sich schließlich die jüngere Skater- und Surfer-Szene in den 1990ern in die Robustheit und den Style der G-Shock», woraufhin sie einen riesigen Erfolg erlebte, erklärt Ibe.

Das gezeigte Modell MTG-B2000XMG ist die aktuelle Weiterentwicklung der G-Shock. Das markante Design umfasst eine Lünette aus farbigen Karbon- und Glasfasern und bietet intelligente Funktionen, die auch in Verbindung mit dem Smartphone genutzt werden können. Die Neuheit ist ab Januar 2022 für 1099 Euro erhältlich.

High-End-Smartwatch

Garmin MARQ Athlete

Die Smartwatches der Reihe MARQ sind auf verschiedene Aktivitäten zugeschnitten. Hier das Fitness-Modell Athlete.

Die hochwertigen Gehäuse der Smartwatches aus der Kollektion MARQ von Garmin erinnern an klassische Armbanduhren, sind im Inneren aber mit modernster IT-Technik vollgepackt. Für Todd Register, Chefdesigner bei Garmin, ist die MARQ eine «Vereinigung von spezieller Technologie und traditionsreicher Uhrenfertigung». Gleichzeitig sei die Reihe eine Würdigung der klassischen Uhrenfertigung und ein Symbol für die moderne Technologie von Garmin.

Die Rückseite des 46 mm Titangehäuses der MARQ Athlete.

Fünf Modelle umfasst die Serie von High-End-Smartwatches inzwischen, die jeweils für einen bestimmten Kundenkreis aus Luftfahrt, Marine, Automobil, Outdoor oder Fitness entworfen wurden und sich funktional voneinander unterscheiden. Beispielsweise das Modell «Athlete»: Es bietet Sportlern mit der Anzeige der maximalen Sauerstoffaufnahme pro Minute (VO2 Max) und der empfohlenen Erholungszeit nach einem Training einen echten Mehrwert – angezeigt direkt auf der Titanlünette. Weitere Funktionen umfassen die Anzeige von Herz- und Atemfrequenz sowie absolvierte Laufstrecken und zurückgelegte Höhenmeter. Die MARQ Athlete im 46-mm-Titangehäuse ist ab 1500 Euro erhältlich.

Text: Peter Braun, Tobias Schaefer

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