Mai 2024: Formex Essence 39 mm Space GoldGoldener Meteorit
Das beliebte Formex Modell «Essence» erhält mit dem neuen Zifferblatt in «Space Gold» einen Hauch von Weltall.
Das Thema «Neue Sportlichkeit» beschäftigt die Uhrenbranche schon seit geraumer Zeit, und das beileibe nicht nur, weil die Designikonen der 1970er Jahre bei Auktionen und auf dem Gebrauchtmarkt förmlich durch die Decke gehen.
1972 hatte die Öffentlichkeit noch ziemlich irritiert auf die neue Stahluhr von Audemars Piguet reagiert, wobei sich der Vorteil des unempfindlichen Materials sicherlich jedem erschloss, der zur Arbeit die Hemdsärmel hochkrempeln musste. Davon abgesehen konnten sich ausgerechnet diese Zeitgenossen die Royal Oak nicht leisten, denn sie war im Grunde fast so teuer wie eine Golduhr. Aber der Zeitmesser mit seinem modernen kantigen Gehäuse überzeugte mit bestechender Verarbeitungsqualität und verhalf dem Begriff «Edelstahl» zu einer neuen Bedeutung.
Der Designer Gérald Genta selbst und einige seiner freischaffenden und angestellten Kollegen griffen das Thema «Formgehäuse mit integrierten Gliederbandanstößen» in den 1970er Jahren immer wieder auf, und bis zum Ende der Dekade hatte sich ein regelrechter Trend daraus entwickelt, mit zahlreichen Modellen verschiedener Schweizer Hersteller. Auch in Japan wurde die integrierte Form populär.
Während bei Herstellern und Kunden die Vorstellungen von sportlichen und eleganten Uhren immer weiter auseinanderdrifteten und der Zeitgeist sie letztlich in die Extreme «Taucheruhren » und «Ultraflache» trieb, bildeten die «Integrierten» als stilistische Avantgarde eine solide Mittelklasse, die in den 1980er und 1990er Jahren die Uhrenkäufer auch an dem in der Schmuckbranche gefeierten Trend «Bicolor» teilhaben ließ.
Beginnen wir unsere illustrierte Marktübersicht mit zwei Modellen, die den Urgedanken der integrierten Edelstahluhr sehr anschaulich verkörpern – was kein Wunder ist, schließlich wurden diese Uhren in den 1970er Jahren konzipiert und seither augenscheinlich nur moderat modellgepflegt.
Angesichts des aktuellen Hypes um Royal Oak, Nautilus & Co. sehen die Laureato und die Sport Classic einer glänzenden Zukunft entgegen, denn während die begehrten Ikonen von AP und Patek nicht zu kriegen sind (allenfalls gebraucht zu horrenden Preisen), kann man diese beiden Designklassiker fabrikneu erwerben.
Die Girard-Perregaux Laureato ist mit einer Preisempfehlung von 11.500 Euro nicht gerade ein Sonderangebot, doch sie steigt als Schweizer Manufakturerzeugnis mit Geschichte selbstbewusst in den Ring. Ihren Namen verdankt sie dem Ende der 1960er Jahre in die Kinos gekommenen Spielfilm «Die Reifeprüfung », die im Italienischen «Il Laureato» hieß. Offenbar hatte der junge Dustin Hoffman (oder die elegante Anne Bancroft alias Mrs. Robinson) mächtig Eindruck auf die Designer von Girard- Perregaux gemacht. Vielleicht war man auch nur besonders stolz auf das eigene Quarzwerk, mit dem die Ur-Laureato ausgestattet war (Girard-Perregaux war ein Pionier der Quarztechnik und definierte die später allgemein gültige Schwingfrequenz von 32.768 Hertz). Auf jeden Fall tauften sie 1975 die neue Uhrenlinie mit der achteckigen Lünette auf den im Italienischen sehr akademisch anklingenden Namen. Die Laureato wurde erstmals 2003 in modernisierter Form neu lanciert, doch den gebührenden Erfolg feierte Girard-Perregaux erst mit dem kompletten Relaunch der Modellreihe im Jahr 2016.
Ebel hatte mit der Sport Classique in den 1970er Jahren die Herzen der Damen im Sturm erobert, und auch die Herren fanden rasch Gefallen an dem einzigartigen Gliederband, das mit den polierten Stirnkanten der wellenförmigen Elemente interessante Lichtreflexe ans Handgelenk zauberte. Als in den 1990er Jahren der Trend zu mechanischen Armbanduhren ging, begann der Stern von Ebel zu sinken. Überall stand die Uhrwerkstechnik im Vordergrund, in puncto Stil und Design wurden archaische Rundgehäuse mit Lederband zum Maß der Dinge. Auch Ebel wagte sich an neue Kollektionen und eigene Uhrwerke, doch weil die Damen der Sport Classique die Treue hielten, konnte man das Erfolgsmodell nicht so einfach unter den Tisch fallen lassen. In der Tat erfuhr das Modell um die Jahrtausendwende verschiedene Facelifts und macht neuerdings Karriere unter dem Namen Sport Classic – Ebel gehört nämlich seit einigen Jahren zur amerikanischen MGI Luxury Group. Das hat auch Auswirkungen auf das Preisgefüge der Marke: Im Gegensatz zu den früheren Modellen ist die aktuelle Sport Classic erheblich günstiger zu haben. Dabei ist sie allerdings auch spartanischer ausgestattet und zum Beispiel ohne Schraubkrone nur bis 50 Meter wasserdicht.
Was die sogenannten «integralen» Konstruktionen kennzeichnet, ist die formschlüssige Verbindung von Gliederband und Uhrengehäuse, doch hier gibt es natürlich verschiedene Möglichkeiten. Die meisten Modelle sind auch in einer Version mit Leder- oder Kautschukband erhältlich, und je nachdem, ob man hier handelsübliche Bänder «von der Stange» anbieten möchte oder eine technisch eigenständige Lösung sucht, fallen die Bandanstöße am Gehäuse konventionell oder außergewöhnlich aus. Ganz nebenbei bemerkt lassen sich die Hersteller ihre exklusiven Bandkreationen meist teuer bezahlen.
Die Marke Formex mag sich bei ihren Uhren manche unkonventionelle Lösung leisten – zum Beispiel die federnde Aufhängung des Uhrwerkcontainers samt Glas und Lünette im Uhrengehäuse- Mittelteil –, doch dabei gelingt es den Schweizern immer wieder, preislich die Kurve zu kriegen. Die Essence Automatic Chronometer ist die günstigste Uhr in diesem Vergleichsfeld, und doch hat man nicht den Eindruck, dass hier an allen Enden gespart wurde. Das tut man tatsächlich nur im Vertrieb, der hauptsächlich übers Internet und einige Depots abgewickelt wird.
Formex hat jedenfalls das Edelstahlband mit einem ähnlichen Schnellwechselsystem wie die Lederbänder ausgestattet, das sich mit gesunden Fingernägeln problemlos bedienen lässt. Das letzte Glied des Metallbandes ist mit besonderer Sorgfalt geformt und schmiegt sich zwischen den konventionellen Anstößen nahezu spaltfrei an die Gehäuserundung an.
Die Saxon One von Tutima ist eine Kreation aus den frühen 2010er Jahren. Sie bezieht ihre formale Kraft aus der ungewöhnlichen Kombination von kissenförmigem Pyramidenstumpf und einer teilweise versenkten runden Lünette. Dass sich diese zum Einstellen einer Merkzeit verdrehen lässt, erkennt man erst auf den zweiten Blick.
Mit scharf gezogenen Sichtkanten und verschiedenen Schliffrichtungen gewinnt das mattierte Gehäusemittelteil eine elegante Körperlichkeit, die über die doch recht üppigen Dimensionen hinwegtäuscht. Die Bandanstöße sind nämlich massiv ausgeführt, um den Übergang zum Gliederband zu kaschieren. Die polierten H-förmigen Mittelglieder stellen den Kontakt zwischen Band und Gehäuse her, und die Lederbandversion nutzt dieselben zwei Gehäusenuten als Anstoß. Da passt natürlich nur ein Originalband, das an seinen Enden massiv verstärkt sein muss. Durch seine vorgeformte Krümmung verwöhnt das Tutima-Lederband seinen Besitzer indes mit fast demselben Tragekomfort wie das Gliederband, und auch der Übergang zum Gehäuse verläuft elegant und spaltfrei.
Die feinen Lehmann-Chronometer aus dem Schwarzwald punkten bei Uhrenfreunden bereits seit 2011 mit einer ganz besonderen Ästhetik, die sich von der technischen Finissierung der Uhrwerke über die schlichte Form von Zeiger und Stundenmarkern bis ins Gehäuse fortsetzt. Auch die vorgestellte Ausführung des Modells Intemporal («Zeitlos») mit schwarzem Keramikgehäuse hat die typischen Bandanstöße, die einen harmonischen Übergang zum Armband schaffen. Das war mit dem spröden Material sicher nicht leicht zu realisieren und erforderte eine ausgeklügelte Gussform, denn die gewölbte Spange trägt an ihrer Rückseite gleichzeitig die Befestigungspunkte für die Enden der handgefertigten Spezial-Lederbänder. Durch den quasi voreingestellten Winkel der Bandanstöße schmiegt sich die Lehmann Intemporal auch an eher schmale Handgelenke an, was für einen äußerst angenehmen Tragekomfort sorgt.
Einen komfortablen Sitz am Handgelenk bietet auch die konventionelle Lösung der Bandbefestigung beim neuen Modell Marine von Marcello C. Hier saugt sich das vorgeformte Kautschukband förmlich an der Uhr fest, und weil es an seinen Enden verdickt ist, stützt es sich in einem definierten Winkel gegen das Gehäuse ab. Marcello C hat als Taucheruhren-Spezialist jahrzehntelange Erfahrung mit hohen Anforderungen an die Robustheit eines Zeitmessers, was im Falle der Marine leider etwas zu Lasten der Eleganz geht. Auch ohne geriffelte Drehlünette erkennt man die Marine sofort als Sportuhr, und die aufwendige Gehäusekonstruktion mit Schraubkrone und verschraubtem Glashaltereif ist nicht nur eine Frage des Stils. Die drei soliden Bolzen verbinden das dreiteilige Gehäuse zu einer bis 200 Meter Tauchtiefe wasserdichten Einheit.
Mit diesen Qualitäten schließt sich der Kreis der eleganten Sportuhren, die doch eigentlich auf Distanz zu den reinen Taucheruhren gehen wollten. Das Spektrum der Modelle ist natürlich um einiges größer, als es diese kleine inszenierte Auswahl suggeriert.
Text: Peter Braun
Bilder: Marcus Heilscher