Patek Philippe Nautilus

Die Ikone

Die Nautilus tanzte von Anfang an aus der Reihe: Mit ihrem Design, ihrem Material und ihrer Sportlichkeit war sie ein Novum in der Geschichte der Manufaktur Patek Philippe. Und heute? Ist die Uhr eine Ikone.
Patek Philippe Nautilus
Foto: Patrick Möckesch
Die «klassischste » Nautilus von Patek Philippe ist die 2006 eingeführte Referenz 5711/1A.

Die Nautilus war eine Überraschung: 1976 kannte man Patek Philippe als traditionsreichen Hersteller von Golduhren – und nun stellte dieser plötzlich eine Sportuhr aus Edelstahl vor. Doch nicht nur beim Material ging die Nautilus neue Wege: Neu und anders waren auch ihre Sportlichkeit, ihr Design und ihre Größe. Wohl deshalb verlief der Auftakt zur beispiellosen Laufbahn der Nautilus zunächst eher zögerlich.

Dann aber wurde die Nautilus zur begehrtesten Uhr von Patek Philippe. Das liegt nicht zuletzt am Zeitgeist: Der Look der Siebziger ist in, sportliche Uhren aus Edelstahl sind im Trend, Design mit Historie und Charakter kommt an.

Diese fundamentalen Werte locken auch eine Kundschaft an, welche die Nautilus nicht ausschließlich für ihre Technik, ihre Qualität und ihre historische Bedeutung, sondern in erster Linie für ihre Werthaltigkeit bewundert. Spekulanten sind längst auf das begehrte Stück aufmerksam geworden und verderben die Preise. Während die aktuelle Version in Edelstahl – Referenz 5711 – laut Liste 27.550 Euro kostet, wird sie auf Online-Handelsplattformen für mehr als den doppelten Preis angeboten.

Im offiziellen Handel ist die Uhr kaum zu bekommen; Händler führen jahrelange Wartelisten. Dahinter steckt keine Strategie von Patek Philippe, um die Uhr im Gespräch zu halten. Vielmehr hat es sowohl mit der Verfügbarkeit des Uhrwerks (Kaliber 324 SC) als auch mit der Philosophie des Hauses zu tun. Dort will man sich nicht allzu sehr auf sportliche Uhren aus Edelstahl konzentrieren.

Wie alles begann

Die Nautilus ist ein Erbe von Philippe Stern, Vater des heutigen Patek Philippe-Präsidenten Thierry Stern und in den 1970er Jahren Chef der Manufaktur. Mit dem Ziel, eine jüngere und sportlichere Klientel anzusprechen, wandte sich Philippe Stern damals an Gérald Genta. Der legendäre Uhrendesigner hatte bereits die Royal Oak für Audemars Piguet entworfen, die 1972 vorgestellt worden war. Genta ließ sich von der Sportlichkeit der Familie Stern inspirieren und schuf einen ausdrucksvollen Entwurf: eine Uhr, die weder rund noch eckig ist, sondern deren Lünette die Form eines abgerundeten Achtecks hat.

Patek Philippe Nautilus
Foto: Patrick Möckesch
Die Lünette ist in den ausgestellten Flanken mit Schrauben befestigt. Früher war dies die einzige Öffnung des Monocoque-Gehäuses.

Die zentrale Idee war, diese Lünette wie ein Bullauge mit seitlichen Scharnieren am sonst einteiligen Monocoque-Gehäuse zu befestigen. Bei dieser Konstruktion wird das Werk zusammen mit dem Zifferblatt von vorn eingesetzt. Durch den Gehäuseaufbau entstanden seitlich markant ausgestellte Flanken sowie die Wasserdichtheit von 120 Metern.

Ein weiteres optisches Erkennungszeichen der Nautilus ist das Rippendekor auf dem Zifferblatt. Auch hier zeigte sich die Handschrift von Gérald Genta – in dem Spiel mit Oberflächen und Lichteffekten. Typisch ist zudem das integrierte Edelstahlarmband mit rechteckigen Metallgliedern und abwechselnd polierten und satinierten Flächen.

Ein mutiger Schritt

Bei Patek Philippe erschrak man beim Anblick dieses Entwurfs vor der eigenen Courage. Zunächst fertigte man einen Prototyp und entschied sich erst dann für die Lancierung der Nautilus. Sie war mit einem mechanischen Werk ausgestattet und mit einem Durchmesser von 42 Millimetern alles andere al elegant.

1976 kam die erste Nautilus mit der Referenz 3700 auf den Markt – zu einem Preis, der deutlich über dem von Golduhren lag. Sie war mit dem Automatikkaliber 28-255C ausgestattet, basierend auf dem ultraflachen Kaliber 920 von Jaeger- LeCoultre, das pikanterweise unter der Kaliberbezeichnung 2121 auch in der Audemars Piguet Royal Oak Verwendung fand. Mit Zentralrotor war es nur 3,05 Millimeter hoch. Damit gehörte die Nautilus damals zu den flachsten Automatikuhren auf dem Markt. Dennoch fand sie wenig Anklang. Erst die drei Jahre später vorgestellte Damenversion der Nautilus mit Quarzwerk wurde erfolgreicher.

Mit der Herren-Nautilus ging es langsam aufwärts und seit Ende der 1990er Jahre gibt es kein Halten mehr. Seitdem übersteigt die Nachfrage das Angebot. Der Bau der ersten Nautilus Referenz 3700 war damals bereits eingestellt; 1990 hatte man aufgehört, das Modell mit dem Spitznamen «Jumbo» zu fertigen.

Facelift für das Original

Patek Philippe Nautilus
Foto: Patrick Möckesch
Charakteristisch für die Nautilus ist das Rippendekor auf dem Zifferblatt – es zeigt die Handschrift des Designers Gérald Genta.

Stattdessen gab es neue Varianten: Im Laufe ihrer Entwicklung wurden die Zeiger der Nautilus verbreitert, das Zifferblatt erhielt einen Farbverlauf, Flanken wurden verbreitert und eine neue Schließe entwickelt. Die Lünette ist noch immer wie ein Bullauge an den Seiten befestigt, allerdings entspricht der Gehäuseaufbau nicht mehr dem Monocoque-Prinzip – vielmehr hat die Nautilus von heute einen verschraubten Boden mit Saphirglasfenster.

Dies sind auch die Eigenschaften der «klassischsten » Nautilus in der Kollektion, der 2006 eingeführten Referenz 5711/1A – das Modell unseres Fotoshootings, ausgestattet mit dem Manufakturwerk 324 SC, das zukünftig durch das Kaliber 26- 330 SC ersetzt wird.

Der ursprüngliche Entwurf aber, die «Jumbo» Ref. 3700 mit dem Jaeger-Kaliber, bleibt für echte Fans das Maß aller Dinge. Frühe Modelle erzielen heute auf Auktionen mitunter Spitzenpreise über 80.000 Euro. Und auch ihr Schöpfer, Gérald Genta, liebte sein Produkt, wie seine Witwe Evelyne Genta dem Patek-Philippe-Magazin erzählte: «Die Nautilus war Géralds Lieblingsuhr. Von allen Modellen, die er besaß, gefiel ihm der Prototyp am besten.»

Text: Iris Wimmer-Olbort

Bilder: Patrick Möckesch

Erfahren Sie mehr:

Das Kaliber 324 SC von Patek Philippe

Nautilus: die Meilensteine

Werdegang einer Ikone

Sportlich schicke Alternativen zur Nautilus

Die Neue Sportlichkeit

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