Man konnte unmöglich keine Notiz nehmen von der neuen Swatch-Sonderkollektion, denn noch vor dem offiziellen Verkaufsstart am 26. März entwickelten sich lebhafte Diskussionen darüber, ob sich Omega mit der «legitimierten Kannibalisierung» des Leadermodells durch eine Billigmarke aus dem eigenen Konzern einen Gefallen getan habe oder nicht.
Elf farbenfrohe, aber durchaus detailgetreue Kopien der Omega Speedmaster Professional aus spritzvergossenem Bioceramic-Kunststoff, thematisch abgestimmt auf die acht Planeten unseres Sonnensystems (plus Zwerg Pluto, plus Sonne, plus Erdenmond), ausgestattet mit einem Quarz-Chronographenwerk, angeboten für 250 Euro, unlimitiert. Ein charmantes Produkt, ein bisschen frech, ein bisschen modisch, sehr hip!
Die Diskussion war tatsächlich schnell beendet: Die ersten Chargen der «MoonSwatches» gingen weg wie warme Semmeln, und die Preise für gebrauchte Speedmaster Professionals zogen quasi über Nacht kräftig an. Die Marke Omega war auf der Watches & Wonders in aller Munde, obwohl die Swatch Group dort überhaupt nicht vertreten war.
«Ein genialer Marketing-Schachzug», lautet das einstimmige Urteil der Branche. Chapeau! Das amüsierte Schmunzeln über mehrere Hundert Meter lange Menschenschlangen vor den besten Swatch Stores auf der ganzen Welt wich jedoch schon bald einem verständnislosen Kopfschütteln – sowohl über die «bekloppten Sammler» als auch über die Distributionspolitik der Swatch Group und das angesichts der anstürmenden Menschenmassen heillos überforderte Store-Personal.
Noch vor dem Aufsperren der Ladentüren wurden die knappen Lieferbestände kontingentiert, erst auf drei Uhren pro Kunde, dann auf eine. Sonst hätten die ersten Flipper in der Schlange den Laden leer gekauft und die Uhren draußen für ein Vielfaches weitervertitscht. Schon wenige Minuten nach dem Anlaufen der Aktion standen die ersten MoonSwatches auf Ebay und Chrono24, für teilweise horrende Summen.
Aber wie gesagt sind die elf Modelle ja nicht limitiert, und so sollen nach und nach alle Interessenten zum Zuge kommen, trösten genervte Store-Besitzer die enttäuschten Aspiranten. Sieht allerdings nicht so aus, wenn Sie mich fragen. Und das liegt sicher nicht an begrenzten Produktionskapazitäten, denn trotz Bioceramic-Gehäuse bleibt die MoonSwatch eine Plastikuhr, ein von Maschinen produziertes Massenprodukt, bei dessen Herstellung keine menschliche Hand eingreift. Das Schulterzucken des Store-Personals als Antwort auf Kaufanfragen ist letztlich wohl Teil der Aktion «Omega X Swatch».
Text: Peter Braun
