Die Uhr des Jahres 2024Wirbelwind on/off
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Das aktuelle Angebot in der King-Seiko-Kollektion ist schon etwas verwirrend. Das liegt an der schieren Menge an Referenzen, Updates, Gehäusegrößen und Farbvarianten sowie verschiedenen Uhrwerken von Seiko, die in der Kollektion zum Einsatz kommen. Ein Fakt der auch in anderen Kategorien wie Prospex oder Presage vorliegt. Wir wagen einen Überblick der aktuell offiziell erhältlichen Varianten der King Seiko, inklusive der brandneuen Linie «Pop Ivy Leauge».
Dadurch sollten sich auch die Preisunterschiede von 1800 bis 3400 Euro für die teils optisch sehr ähnlichen King-Seiko-Modelle erklären lassen.
Grand Seiko hat sich seit einigen Jahren immer mehr von Seiko selbst abgekapselt und ist bei Geschäfts- und Kollektionsentscheidungen, zumindest in der Außenwirkung immer selbständiger geworden. Das gilt auch für eigene Monobrand-Boutiquen von Grand Seiko wie am Place Vendôme in Paris.
Im Portfolio von Seiko, so könnte man spekulieren, ist daraufhin eine Lücke im Bereich von besonders hochwertigen Armbanduhren mit einer ähnlich guten Sales-Story wie bei Grand Seiko freigeworden. Wir erinnern uns, dass Grand Seiko 1960 als Unterabteilung von Seiko geschaffen wurde, in der die besten Ingenieure der Marke die beste aller Uhren herstellen wollte.
Bisher etwas unbekannter ist die Geschichte hinter King Seiko, die allerdings auch bereits 1961 angefangen hat. In der Nachkriegszeit gab es innerhalb des Unternehmens bereits zwei Fabriken, die Seiko-Armbanduhren herstellten. Während in der «Suwa» genannten Fabrik die Uhren mit Qualitäts-Prädikat «Grand Seiko» entstanden, baute man in der «Daini»-Fabrik besonders hochwertige Uhren unter dem Namen «King Seiko».
Ein interner Wettstreit an dessen Ende sich Grand Seiko durchsetzen konnte und daraufhin entsprechend erfolgreich werden konnte. Zuletzt auch als etwas eigenständigere Uhrenmarke und mit einer sehr guten Reputation bei der Verarbeitungsqualität, besonders bei Zifferblättern und Gehäusen. Daraufhin wurde es offensichtlich Zeit die King Seiko wieder offensiver in das Angebot von Seiko aufzunehmen. Die Geschichte über die Jagd nach besonders exzellenten Uhren, die nach allen Regeln der Handwerkskunst hergestellt werden, die Kaliber-Innovationen der Ingenieure von Seiko etablieren und einen eingängigen Namen tragen, darf also wieder erzählt werden.
Diese Art von Storytelling ist für die Marken besonders wichtig. Das gilt für Seiko genauso wie für Schweizer Marken wie Rolex, Omega oder Patek Philippe und daran gibt es absolut nicht auszusetzen. Solche Geschichten sind den Uhren-Enthusiasten immer noch lieber als teure Testimonials von Hollywood-Stars und Models.
Im Januar 2022 verkündete Seiko stolz die Wiederauferstehung der King Seiko: « Heute, nach mehr als einem halben Jahrhundert, ist die King Seiko Kollektion mit Zeitmessern zurück, die die hohe Qualität der mechanischen Uhrmacherkunst von Seiko widerspiegeln.»
Insgesamt fünf Varianten, die später noch um eine sechste ergänzt wurden, kamen vor zwei Jahren auf den Markt. Das Vorbild damals war die bei Seiko-Fans besonders geschätzte KSK von 1965. Besonders das Gehäuse mit seinen scharfen Kanten und dem gewölbten Glas zeichnet die Serie, damals wie heute, aus. Es ist bis 10 bar wasserdicht. Ganz klassisch ist der Gehäuseboden mit einem massiven Schraubdeckel versehen, worunter sich bei diesen Referenzen das Seiko Kaliber 6R31 versteckt. Es arbeitet mit 21.600 A/h, hat eine Gangreserve von 70 Stunden und 24 Lagersteine. Der automatische Aufzug erfolgt durch den «Magic Lever» beidseitig.
Am Edelstahlband mit Doppelfaltschließe sind die Modelle mit 37 mm Durchmesser und 12 mm Höhe weiterhin für 1800 Euro erhältlich – eine kleine Erhöhung gegenüber dem damaligen Einstandspreis von 1700 Euro.
Im Jahr darauf wurde die King Seiko um zwei teurere und bei der Technik noch hochwertigere Modelle ergänzt. Der Durchmesser der beiden Referenten SJE089 und SJE091 wuchs auf 38,6 Millimetern und die Uhren wurden mit Zifferblättern in Silber und Schwarz ausgestattet.
Im besonders flachen Edelstahlgehäuse der beiden Referenzen SJE089 und SJE091 wurde zudem ein neues, besonders hochwertiges und flaches Manufakturkaliber der Marke verbaut. Das Kaliber 6L35 mit nun 28.800 A/h war so flach, dass Seiko bei der Gehäusehöhe sogar das Vorbild aus 1965 um 0,2 mm unterbieten konnte – auf jetzt 10,68 mm. Im Vergleich mit den Modellen aus 2022 sind es gar 1,32 mm.
Getragen am ikonischen Gliederband und auf Grund des besonderen und neuen Uhrwerks, welches auch hier unter einem massiven Gehäuseboden verborgen liegt, sind die exquisiten Wiederauflagen für einen höheren Preis von 3.400 Euro erhältlich und weiterhin Teil der Kollektion bzw. verfügbar.
Wieder leicht abweichende Abmessungen des KSK-Designs kamen im September 2023 auf den Markt. Die Anpassung auf 38,3 mm im Durchmesser und 11,7 mm in der Höhe war wohl durch das gleichzeitig ausgerollte Kaliber 6R55 begründet. Das Automatikwerk arbeitet ebenfalls mit 21.600 A/h, kommt jedoch auf eine etwas höhere Gangreserve von 72 Stunden, was auf dem Zifferblatt stolz mit der Aufschrift «Automatic 3 Days» bescheinigt wird.
Dabei handelt es sich effektiv um ein Upgrade des Kalibers 6R31 aus den Referenzen unter Punkt (1.), jedoch mit zusätzlicher Datumsanzeige. Der Preis am ähnlichen Gliederband mit Schnellwechselsystem liegt bei dieser neueren King Seiko bei derzeit 2100 Euro.
Im Juni 2024 feierte Seiko 100-jähriges Markenjubiläum. Zu diesem Anlass lancierte Seiko die Neuauflage eines sehr unterschiedlichen Designs aus der King-Seiko-Geschichte. Es basiert auf einem Modell von 1969, also der zweiten Serie (4KCM). Neben der auf 700 Exemplare limitierten Variante mit türkisfarbenem Zifferblatt gibt weitere Varianten mit Zifferblatt in Weiß, Violett und Dunkelgrün.
Wie bei den Referenzen SJE089 und SJE091 (2.) arbeitet auch in diesen Modellen mit 39,4 mm Durchmesser und einer Höhe von 9,9 mm das neue Kaliber 6L35. Mit 3.200 Euro ist der Preis vergleichbar. Mehr zu den KS1969-Refrenzen (SJE115, SJE109, SJE111 und SJE113) erfahren Sie in diesem Artikel.
Zu den King Seiko Modellen aus September 2023 kamen unlängst weiter Modelle im etwas verkleinerten Durchmesser von 36,09 mm dazu. Die sogenannten «Pop Ivy League»-Modelle beziehen sich auf den Stil der Studenten der amerikanischen Elite-Universitäten wie Harvard, Yale oder Princeton. Gedeckte Farben wie eisblau, tannengrün und bordeauxrot, gemeinsam mit dem zurückhaltenden Durchmesser, sollen den College-Look verkörpern.
Während der Durchmesser um etwas mehr als zwei Millimeter sinkt, bleibt die Höhe mit 11,62 mm näher an den KSK-Modellen von September 2023. Gleich bleibt auch die Verwendung von gewölbtem Saphirglas und dem verschraubten Gehäuseboden mit KSK-Schildlogo. In den kleineren Varianten wird außerdem das Kaliber 6R51 verbaut, dass ebenfalls eine dreitägige Gangreserve (72 h) bietet, jedoch in Vergleich mit dem 6R55 keine Datumsanzeige bietet.
Auch die kleineren Referenzen SPB457J1, SPB459J1 & SPB461J1 werden am typischen Gliederband getragen, kommen dabei jedoch auf einen etwas günstigeren Preis von 2000 Euro.
Bei den King Seiko Modellen gibt es inzwischen eine große Auswahl, die auch immer wieder um limitierte Varianten oder neue Größen- bzw. Farbvarianten erweitert wird. Die häufigen Anpassungen der Gehäuse um wenige Millimeter-(Bruchteile), sowie der Einsatz von unterschiedlichen Uhrwerken mit abweichenden Qualitäten sorgen für etwas Durcheinander in der Kollektion.
Die Geschichte der Kollektion «King Seiko» ist jedoch stark und der mutmaßliche Plan mit dieser Wiederbelebung das Grand-Seiko-Vakuum zu füllen könnte für Seiko durchaus aufgehen. Mit den KS1969-Modellen von Juni 2024 wurde bereits ein abweichendes Design aus der KS-Vergangenheit lanciert. Bleiben wir gespannt, welche Entwürfe Seiko noch im Archiv hat.
Text: Tobias Schaefer