Lang & Heyne AntonManufaktur Edition
Nur fünf Exemplare des neuen Modells Anton mit Fliegendem Tourbillon werden produziert. Die Rechteckuhr ist längst zum Markenzeichen für Lang & Heyne geworden.
Gründung, Blüte, Niedergang, Neuanfang – die Historie des Uhrmacherhandwerks in Glashütte ist wechselvoll. Direkter Abkömmling dieser Geschichte ist Glashütte Original, denn das Unternehmen ist – in korrektem Juristendeutsch gesagt – Rechtsnachfolger der VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB). In diesem Zusammenschluss waren nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung der DDR alle in Glashütte ansässigen Uhrenfirmen und -zulieferer vereint worden. Zuvor hatte man die Besitzer der Betriebe enteignet.
«Die GUB» wuchs zu stattlicher Größe heran: Bis zur Wende arbeiteten hier rund 2000 Menschen und stellten Uhren sowie Mess- und Regelgeräte her. Nach der Wiedervereinigung endete die Geschichte der GUB mit der Privatisierung der volkseigenen Betriebe.
Glashütte Original wurde Haupterbe der einst in Glashütte ansässigen Uhrenfirmen, zunächst unter der Ägide des französischen Werkeherstellers France Ebauches aus Besançon. 1994 übernahmen der Ingenieur und Unternehmer Heinz W. Pfeifer und der Nürnberger Juwelier Alfred Wallner das Unternehmen von der Treuhandanstalt und formten es unter dem neuen Markennamen zur Luxusuhrenmarke.
Im Jahr 2000 begann ein neues Kapitel für Glashütte Original. Die Swatch Group kaufte die Marke und investierte kräftig: Der Firmensitz an der Altenberger Straße, direkt gegenüber dem Bahnhof, wurde aufwendig renoviert. Das Gebäude erhielt eine ansprechende Fassade, ein großzügiges Entree und in der Gebäudemitte ein lichtdurchflutetes Atrium.
Diese Halle ist das Herzstück von Glashütte Original – vier Stockwerke hoch, umgeben von offenen Wandelgängen auf den oberen Etagen, dahinter die Werkstätten und Ateliers, in die man durch große Fenster blicken kann. Denn auf die Arbeit der Uhrmacher ist man bei Glashütte Original überaus stolz: Alle Uhrwerke sind im eigenen Haus entwickelt und gebaut – von der schlichten Dreizeigeruhr bis zur großen Komplikation. Die Fertigungstiefe bei Uhrwerken liegt bei über 95 Prozent.
Diese Kompetenzen streicht man auch in diesem Jubiläumsjahr heraus. Allerdings stellte man keine Edition anlässlich der Gründung des Uhrmacherhandwerks in Glashütte vor, sondern lässt den Glashütter Uhrmacher Alfred Helwig und das von ihm erfundene Fliegende Tourbillon zu Ehren kommen.
Dieses hatte Helwig vor genau 100 Jahren (1920) konstruiert, und Glashütte Original nennt es «eine der anspruchsvollsten Erfindungen der hohen Uhrmacherkunst». Die Begeisterung für das fliegend gelagerte Tourbillon liegt sicherlich auch an der Verbindung zwischen Glashütte und Helwig: Dieser begann 1913 als Fachlehrer an der Deutschen Uhrmacherschule in Glashütte zu lehren. Sein Interesse galt der Entwicklung besonders präziser Zeitmesser mit einseitig gelagertem Tourbillon, die Helwig «Drehganguhren» nannte. Ihm ging es in erster Linie um Ganggenauigkeit – die optische Wirkung, die den Betrachter heute so fasziniert, war eher nachrangig. Heute schätzen Liebhaber den freien Blick auf das Drehgestell, der mit der einseitigen Lagerung einhergeht.
Helwig hinterließ aber noch weit mehr Spuren in Glashütte: Er unterrichtete 41 Jahre lang an der Uhrmacherschule und bildete während dieser Zeit über 800 Lehrlinge aus. Ihm zu Ehren gab Glashütte Original der hauseigenen Uhrmacherschule den Namen Alfred Helwig. Diese hat ihre Räumlichkeiten im historischen Gebäude der ehemaligen Deutschen Uhrmacherschule Glashütte, heute auch Sitz des Deutschen Uhrenmuseums Glashütte. Darüber hinaus beherbergt das ehrwürdige Haus das historische Atelier von Glashütte Original.
Hier werden nicht nur außergewöhnliche Uhren restauriert und überarbeitet, sondern auch neue Modelle gefertigt. Zu diesen gehört die Jubiläumsuhr von Glashütte Original: die auf 25 Exemplare limitierte Edition Alfred Helwig Tourbillon 1920, Teil der Senator-Kollektion. «Somit trägt dieses Meisterwerk nicht nur den Namen Alfred Helwigs, sondern wurde auch am ursprünglichen Ort seines Wirkens fertiggestellt», heißt es in einer Pressemitteilung.
Im Mittelpunkt der Kreation steht ein Fliegendes Tourbillon, das gemäß den historischen Vorbildern diskret auf der Werkrückseite angebracht ist und vom Zifferblatt aus nicht zu sehen ist. Allerdings verweist die Inschrift «Tourbillon» im Skalenkreis der Kleinen Sekunde auf die Spezialität des Modells.
Blickt man also durch den gläsernen Gehäuseboden in das Handaufzugskaliber 54-01, hat man freie Sicht auf das offene Gestell für Unruh und Hemmung, das pro Minute eine Umdrehung vollendet. Das Kaliber bietet beeindruckende 100 Stunden Gangreserve und aufwendige Dekorationen: den Glashütter Streifenschliff auf der Dreiviertelplatine, gebläute Schrauben und verschraubte Goldchatons.
Auch die Ausstattung ist vom Feinsten: Das 40 Millimeter große Gehäuse ist ebenso aus Roségold gefertigt wie die filigranen Stabzeiger. Selbst das Zifferblatt besteht aus Massivgold und wurde anreibeversilbert, mit einer dezenten Eisenbahn- Minuterie bedruckt sowie mit aufgesetzten Appliken versehen.
Im Jubiläumsjahr stellt Glashütte Original noch eine weitere limitierte Uhr mit Fliegendem Tourbillon vor: die PanoLunarTourbillon, Neuauflage eines Modells von 2013. Dieses präsentierte das Tourbillon auf der Vorderseite inmitten kunstvoller Gravuren. In der Platinuhr arbeitet das Automatikkaliber 93-12 mit vollständig integriertem Mondphasenmechanismus. So schreibt auch dieses außergewöhnliche Werk die Geschichte von Glashütte weiter.
Text: Iris Wimmer-Olbort
Glashütte: Eine Kleinstadt macht Karriere